fachverband aktuell buchwirtschaft.at »Sensible literarische Zwischentöne« (Schul-)Bücher: Es braucht sie weiterhin! Österreichs Bildungspolitik und die Bücher im Unterricht bleiben inhaltlich auch in Zukunft ein Beziehungspaar, selbst wenn das Tablet stärker in den Unterricht einbe- zogen wird. Wenn Schüler in den vielen Minuten eines Schultages herumzufingern beginnen, dann ist Tablet-Time. Wenn Schüler eher konzentriert bei der Sache sind und in der Folge zum Meinungsaustausch mit Mitschülern und Pädagogen neigen, dann ist Buch-Zeit. Nennen wir es eine „sehr pauschale Betrachtung“, die diese beiden Anmerkungen zum Ausdruck bringen. Dennoch liegt darin sehr viel Wahrheit. Was ein Philosoph so meint Konrad Paul Liessmann, Österreichs Vorzeige-Philosoph, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Digitalisierung der Bildungssysteme und lässt nicht viele gute Haare an diesem Zugang. Einer seiner Kernsätze: „Wir verwechseln die Möglichkeit des Zu- griffs auf Wissen mit dem Wissen selbst.“ Liessmann meint weiter und für ihn rustikal populär, dass die Digitalisierung alles unter einer Oberfläche eine und vereinheitli- Dies ist kein religiöses Buch. Wiewohl che: Unbildung 4.0. Konrad Paul Liessmann beantwortet damit die Frage, wie sehr Hoffnung untrennbar mit Glaube ver- das Bildungssystem der Zukunft digital sein soll, überaus klar: „So wenig wie möglich. bunden ist. Hoffnungsverweigerer Und dies einfach deshalb, weil Bildung die Digitalisierung weder in einem besonde- ersticken im Tun und werden sie ren Maße erfordert noch kategorisch ausschließt.“ In einem Gastkommentar in der gefragt,was denn ihr Vermächtnis Tageszeitung Der Standard vom 3. September 2018 führt der Universitätsprofessor sei, sehen sie über ihr Handy dazu weiter aus: „Solange Bildung mit dem Beherrschen grundlegender Kulturtech- wischend hoch und dich mit gro- niken, der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit, dem Erwerb von Wissen, dem Verständnis ßen, ratlosen Augen an. Hoffnung auf Veränderung? Wie soll sie aus- von Zusammenhängen, den Kenntnissen der bedeutenden Dokumente der Künste und sehen? Hoffnung auf Verbesserung? Literaturen, der Formung der eigenen Persönlichkeit in Hinblick auf Mündigkeit und Der Mensch als gnadenloser Egoist. Autonomie, der Schulung moralischer Sensibilität zu tun hat, ist für diesen Prozess die Lyrik und Prosa zur Hoffnung. Frage der Digitalisierung einfach sekundär.“ Gerald Eschenauer dient literarisch Und wie denkt der Minister? als Seismograf einer entarteten Gesellschaft, die ungern einge- Dem aktuellen Bildungsminister Univ.-Prof. Dr. steht,dass Hoffnung nur besteht, Heinz Faßmann ist in Bezug auf digitale Medi- wenn sie kommerziell verwertbar en im Unterricht auch ein gewisser Pragmatis- ist. Pointiert und schonungslos mus zuzuschreiben. Daran ändert die Tatsache erzähltder Schriftsteller vom Los nichts, dass im Regierungsprogramm 92 Mal das der Träumer, Kettenraucher und Wort Digitalisierung nachzulesen ist. Der für Bil- Selbstverliebten und setzt dort an, dung, Wissenschaft und Forschung zuständige wo die Allgemeinheit in der Regel Minister begleitete jüngst Bundeskanzler Sebas- schweigend akzeptiert. tian Kurz nach Singapur und Hongkong. Und selbst als dieser darauf das „digitale Zeitalter“ an Österreichs Schulen ausgerufen hat, blieb Faß- Gerald Eschenauer mann bedacht. Man muss erst im Lehrplan Platz Es scheint Hoffnung machen „für digital relevante Inhalte“, meinte er 164 Seiten, Hardcover weise vorausschauend. Künstliche digitale Räu- ISBN 978-3-903095-06-9 Heinz Faßmann, Bundesminister für Bildung,me schaffen, das wolle er, Faßmann, nicht. Bleibt € 19,50 Wissenschaft und Forschung die OECD, die 2015 erstmals untersucht hat, ob die Digitalisierung des Unterrichts Erfolge bringt. Ergebnis: Tut sie nicht. Devices haben keine explizit positive Auswirkung auf die Kopf-Fitness von Schülern im Alter von 15 und 16 Lenzen – beobachtet in den Disziplinen Lesen, Mathematik und Natur- wissenschaften. Oder anders: In jenen Ländern, die in den Jahren von 2003 bis 2012 überdurchschnittlich in schulische Hardware investiert haben, errechnen sich bei den Tel. 01/20 20 201 Lernerfolgen in Mathematik in konkrete Zahlen ablesbare Defizite. E-Mail office@mitgift.at sortimenterbrief 10/18 49 ressuL nitraM/AKB ©